Alte Eiben faszinieren mich immer wieder, vor allem wenn ich ihnen eigentlich ganz zufällig begegne. Es ist eine Art andächtige Achtung vor diesem düsteren, faszinierenden und in den letzten Sonnenstrahlen des Tages wie mystisch glitzernden Baumwesen. Und manchmal scheint es mir, daß einem ganz besondere Eiben einen Blick in uralte Zeiten gewähren. Einfach dadurch, daß sie da sind – und nicht einfach im Vorübergehen übersehen, sondern wahrgenommen werden…

Es war die Idee des Moments, daß es gerade wohl einer der letzten warmen Sonnentage des Jahres sein wird, bevor die Dunkelheit Berg und Tal in ihren kalten Mantel packt. So wie auch die Eibe ein Baum ist, der den Punkt des Jahreskreises markiert, an dem sich das letzte Licht verabschiedet – das aber dann gestärkt aus der Finsternis zurückkehren wird.
Auch wenn die Eibe eine der stärksten Giftpflanzen unserer heimischen Flora und damit durchaus mit dem Tod verbunden ist, steht die Eibe auch für das wiederkehrende Leben. Robin Hood etwa, der Grüne Mann aus dem Wald als Verkörperung der Fruchtbarkeit, trägt wie alle Bogenschützen (und auch ‚unser‘ Gletschermann Ötzi) einen Eibenbogen.

Den Tod brachte die Eibe nämlich vornehmlich durch ihre Verarbeitung zu Langbögen und Lanzen, seit Menschengedenken.
Der älteste Fund einer Lanzenspitze aus Eibenholz bei Clacton-on-Sea wird auf ein Alter von 300.000 Jahren datiert, die 1948 zusammen mit dem Skelett eines Waldelefanten in Niedersachsen gefundene „Eiben-Lanze von Lehringen“ ist immerhin auch 120.000 Jahre alt.

Die Eibe ist mehr kalt als warm und auch trocken und bedeutet die Freude“, schreibt die weise Hildegard von Bingen – und natürlich hat sie Recht. Der immergrüne Nadelbaum verspricht ja, daß die Sonne zurückkehren wird.

Und meine kleine, uralte Karwendeleibe aus dem Rißtal? Sie hat wohl richtig Glück gehabt, keinem Holzfrevel anheimgefallen zu sein. Denn im 16. Jahrhundert tobte hier ein wahrer Eibenkrieg um das begehrte Holz. Kaiserliche Jäger installierten Selbstschussanlagen, angeblich gegen Luchse, Wölfe und Bären, die bayerische Holzer töten und verwunden – eine Causa, die schlussendlich nur durch einen (durchaus erhitzten) Briefwechsel zwischen Kaiser Maximilian I. und dem bayerischen Herzog Wilhelm geregelt werden kann. Bis wenige Jahre später wieder ein bayrischer Eibenholzdieb auf Tiroler Rißbachgrund festgenommen wird und nur auf Ersuchen des Bayerischen Kurfürsten begnadigt wird.
Diese Zeiten sind glücklicherweise vorüber, dennoch hat die Übernutzung der Eibenbestände für die Bogenherstellung zu einer erheblichen Dezimierung des schönen Waldbaumes gesorgt, die aufgrund des langsamen Wachstums der Eibe bis heute kaum ausgleichbar sind.

Umso mehr freue ich mich, diese wunderbare tanzende Eibe gefunden zu haben – eine wunderschöne Begleitung für die kommende Winterszeit!